Wissen
Gewalt in engen sozialen Beziehungen
-
Liebe tut nicht weh
Gewalt in engen sozialen Beziehungen
-
Gewalt in engen sozialen Beziehungen
(auch häusliche Gewalt genannt)• Viele Frauen erleben Gewalt im privaten Umfeld, also z.B. in der Beziehung oder Ehe, teils auch in der Trennungsphase oder nach der Trennung
• Gewalt kann Frauen jeden Alters treffen - unabhängig von sozialer Schicht, Bildungsstand und Herkunft -
Gewalt in engen sozialen Beziehungen
Die Definition des rheinland-pfälzischen Interventionsprojektes gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen (RIGG) lautet:
„Mit Gewalt in engen sozialen Beziehungen ist hier die individuelle Gewalt von Männern gegen Frauen gemeint, die in engen persönlichen Beziehungen miteinander stehen oder standen. Der Begriff ‚Gewalt in engen sozialen Beziehungen’ umfasst alle Formen der physischen, sexualisierten, psychischen, sozio-ökonomischen und emotionalen Gewalt.“
-
Gewalt in engen sozialen Beziehungen
• Die Täter nutzen Gewalt, um Kontrolle und Macht auszuüben
• Gewalt muss nicht unbedingt blaue Flecke zur Folge haben
• Oft greifen verschiedene Formen von Gewalt ineinander
• Gewalt betrifft immer auch Kinder, die in irgendeiner Art und Weise beteiligt sind
• Natürlich können auch Männer von Gewalt in engen sozialen Beziehungen betroffen sein und Frauen Gewalt ausüben. Die Mehrzahl der Täter:innen ist jedoch männlich und die Mehrzahl der Betroffenen weiblich, deshalb bezieht sich dieser Text auf das entsprechende Verhältnis
-
Jede vierte in Deutschland lebende Frau hat Gewalt in einer Beziehung erfahren
-
Gewalt in Beziehungen hat viele Formen
• körperliche Gewalt (z.B. Schläge)
• psychische/emotionale Gewalt (z.B. ständige Beleidigungen, Schlechtmachen der Person)
• Isolation (die Person von der Außenwelt abschneiden)
• finanzielle Gewalt (über das Geld der Person verfügen und sie abhängig machen)
• Kontrolle (bestimmen, was eine Person anziehen darf, wo sie hingehen darf, mit wem sie sich treffen darf usw.)
• übertriebene Eifersucht
-
Red Flags
Es gibt verschiedene Warnzeichen (sog. Red Flags), die auf Gewalt in Beziehungen hindeuten können:
• Übertriebene Eifersucht
• Kontrolle
• Manipulation
• Ignoranz
• Demütigung
• Einschüchterung
• Abhängigkeit
• Erpressung
-
Weitere Beispiele für diese Verhaltensweisen:
• Demütigung: Ständige Beleidigungen (auch in Anwesenheit anderer Personen) um Dein Selbstwertgefühl zu schwächen
• Abhängigkeit: Er isoliert Dich von Deiner Familie und Freund:innen, verbietet Dir Kontakte und macht Dich so von sich abhängig
• Einschüchterung: Damit Du Dich niemandem anvertraust, Angst vor einer Trennung hast
• Erpressung: Eventuell Drohungen, wenn Du nicht machst, was er verlangt: "Wenn Du Dich trennst, nehm ich Dir die Kinder weg/dann bringe ich mich um..."
-
Folgen der Gewalt
Gewalt in engen sozialen Beziehungen kann verschiedene Folgen haben, die Betroffene teils ein Leben lang belasten.
Hier sind ein paar Beispiele aufgelistet:
• Psychische Folgen: niedriges Selbstwertgefühl, Depressionen, Angstzustände, Schlafstörungen
• Körperliche Folgen: schlecht verwachsene Knochenbrüche, Narben, fehlende Zähne u.v.m.
• Soziale Folgen: Trennung/Scheidung, Umzug, Arbeitsplatzverlust
• höherer Medikamentenkonsum, höherer Alkohol-/Drogenkonsum,
• deutlich höherer Tabakkonsum
• besonders in Trennungsphasen kann es zur Tötung der Frau durch ihren (Ex-)Partner kommen (mehr dazu auf Seite 12)
-
Wenn die Gewalt eskaliert - Femizide (Tötung von Frauen)
Die Zeit der Trennung ist oft die gefährlichste für Frauen.
Jede Woche werden in Deutschland etwa drei Frauen von ihrem (Ex-)Partner getötet.
2020 waren es 139 Frauen

-
Warum bleiben Frauen in gewalttätigen Beziehungen?
Die Gründe hierfür sind von Frau zu Frau unterschiedlich.
Hier sind nur ein paar Beispiele genannt:
• Angst
→ sich jemandem anzuvertrauen
→ die Kinder zu verlieren
→ vor der Reaktion des Mannes auf einen Trennungsversuch
→ vor den Reaktionen des Umfelds
• Hoffnung
→ dass es nie wieder passiert
→ dass er sich ändert
• Scham
• Abhängigkeit (z.B. finanziell, emotional)
-
Die Spirale der Gewalt
• Spannungsaufbau
→ In der Beziehung baut sich Spannung auf
(z.B. durch Beleidigungen, Beschimpfungen)
• Akuter Gewaltakt
→ Die Situation eskaliert, es kommt zu Gewalt
• Schockphase
→ Schockzustand durch die erlebte Gewalt
(Angst, Hilflosigkeit, Ohnmacht, Verzweiflung)
• Subjektive Einschätzung des Geschehens
→ Die Gewalt wird verdrängt o. entschuldigt
• Ruhepause
→ Täter entschuldigt sich, verspricht sich zu ändern. Gewalt wird verdrängt,
Hoffnung auf Besserung
Der Kreislauf beginnt von vorn ... Hilfe ist möglich!
-
Was kann ich tun?
Wenn Sie selbst betroffen sind:
Akute Gewaltsituation: Rufen Sie die Polizei 110
Vertrauen Sie sich jemandem an
Suchen Sie sich Beratung/Unterstützung:
z.B. bei einer Interventionsstelle
Es gibt Möglichkeiten zum Schutz nach dem Gewaltschutzgesetz
Wenn Sie als außenstehende Person etwas bemerken:
Im Notfall wählen Sie die 110 - ein Anruf kann Leben retten
Entschärfen Sie die Situation, wenn Sie lauten Streit hören, indem Sie z.B. bei den Nachbarn klingeln und nach Mehl fragen,
Bieten Sie Unterstützung an (als Ansprechperson)
Wenden Sie sich an eine Beratungsstelle/IST , ggf. können Sie die
Kontaktdaten an die Betroffene vermitteln
-
Was kann ich tun?
Fachberatungsstelle für Frauen, die von körperlicher und/oder psychischer Gewalt in engen sozialen Beziehungen oder Stalking betroffen sind.
Wir beraten telefonisch oder persönlich in der aktuellen Krisensituation und nach den ersten Schutzmaßnahmen der Polizei.
Wir informieren über individuelle Schutzmaßnehmen und über die rechtlichen Möglichkeiten nach dem Gewaltschutzgesetz.
Wir unterstützen bei der Antragstellung vor Gericht, im Umgang mit Behörden und vermitteln auf Wunsch weitere Hilfen.
auf die Kinder
-
Was erleben Kinder?
• Miterleben von Gewalt stellt für Kinder und Jugendliche ein hohes Risiko für ihre Entwicklung dar
• Es ist nachgewiesen, dass ein großer Anteil der Kinder und Jugendlichen, die Gewalt gegen ein Elternteil erleben, eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickeln
• das Miterleben der Gewalt geht mit einem Verlust der inneren Sicherheit einher
-
Angst ...
• Angst wird zum dominierenden Gefühl
• das Zuhause, das Sicherheit und Geborgenheit bieten soll, ist überwiegend mit Angst behaftet
• Kinder haben nicht die Möglichkeit, über das Erlebte zu sprechen, da sie intuitiv merken, dass die Gewalt mit einem Tabu belegt ist oder die Eltern sie bestrafen, wenn sie reden wollen
• niemand glaubt ihnen
• sie wissen nicht, wo sie Hilfe finden können
-
Psychische Auswirkungen
Verhaltensstörungen
• Unruhe, Agressivität
• Niedergeschlagenheit
• Ängste und Zwänge
• Konzentrationsprobleme
• Schlafstörungen
-
Körperliche Auswirkungen
• Magenprobleme
• Infektanfälligkeit
• Kopfschmerzen
• Müdigkeit
• Selbstverletzung
-
Manche Kinder zeigen Anzeichen einer Traumatisierung.
Dies wirkt sich auf alle Bereiche ihres Lebens negativ aus, z.B. auf die sozialen und die schulisch - kognitiven Kompetenzen oder auch die körperliche Gesundheit.
-
Erlebte Gewalt verarbeiten
Kinder ernst nehmen!
Zur nachhaltigen Verarbeitung von erlebter Gewalt gibt es u.a. drei wichtige Ansätze:
• Stärkung der Kinder und Unterstützung der Eltern
• Kindern die Möglichkeit geben, über das Erlebte zu sprechen
• Aufbaus eines Sicherheitsnetzes
Gut informiert?
Dann überprüfe dein Wissen jetzt mit einem kurzen Quiz